Wickeln wir auf der ganzen Welt einheitlich?
Text von Koray Erdogan
Vor Beginn der Globalisierung in der Neuzeit entstanden in diversen Kulturkreisen unterschiedliche Methoden wie das tägliche Entledigen von Babys und Kleinkindern bewältigt wurde.
Die im westlichen Kulturkreis uns bereits bekannte und bevorzugte Methode ein Kind zu wickeln war die einfache Stoffwindel. Begeben wir uns jedoch in andere Kulturkreise, so ergaben sich andere Lösungen, die sich mit dem Problem des Entledigen beschäftigten. Im folgenden werden die Wickelmethoden vor der Entstehung der Wegwerfwindel betrachtet und anschließend mit der jetzigen Situation verglichen.
In der Ägäis-Region der Türkei wurde das Kind ebenfalls mit Stoffwindeln aus Baumwollbändern gewickelt, jedoch kam ein zusätzlicher Faktor hinzu: Tonerde. Diese spezielle Tonerde ist häufig in den Bergen der Ägäis-Region aufzufinden und konnte früher weitgehend käuflich erworben oder selbst abgebaut werden. Für das Wickeln wurde etwas Ton mit Wasser angemischt und großzügig auf die Windel und auf den Unterleib des zu Wickelnden verteilt. Die Tonerde hat aufgrund eines hohen Kalkgehalts Puffereigenschaften, die den sauren Urin und den basischen Stuhlgang teilweise neutralisieren. So wurde einem Problem entgegengewirkt, das sich bei der Anwendung reiner Stoffwindeln ergibt: Die Haut wurde weniger durch die Exkremente gereizt.
Weiterhin wird die Bildung von Pilzen durch seine basische Eigenschaft vermindert. Nach Verwendung wurde die Windel zum Antrocknen an die frische Luft gelegt. Grobe Reste - wie der Stuhlgang - wurden anschließend entfernt. Die Tonerde kann nach der Anwendung durch auswaschen gereinigt und einige male wieder verwendet werden. Die Stoffwindel wurde wie gewöhnliche Wäsche gereinigt.
Weiterhin wurde die Tonerde auch als Alternative zur Seife als Haarwaschmittel verwendet.
Heute wird diese Methode kaum mehr angewandt und ist nur noch bei Älteren bekannt. Diese Methode wurde von der klassischen Wegwerfwindel abgelöst.
In einem noch weiter entfernteren Kulturkreis wurde eine gänzlich unterschiedliche Methode entwickelt. In China wurden (und werden immer noch) sogenannte Schlitzhosen verwendet.
Hierbei handelt es sich nicht um eine klassische Windel, die den zu Wickelnden körpernah am Unterleib umgibt, sondern um Hosen, die jeweils im Genital- und Analbereich einen Schlitz, der gegebenenfalls mit einem Knopf geschlossen werden kann, haben.
Diese Methode basiert auf dem Prinzip der Kindesbeobachtung. Das Elternteil, das das Kind beaufsichtigt (in China meist die Mutter), erkennt durch verändertes Verhalten, Mimik, Schreien etc. , dass das Kind sich jetzt entledigen muss und reagiert dementsprechend. Das Kind wird dann auf ein Töpfchen gesetzt. Ein weiteres Ziel dieser Methode ist es dem Kind frühzeitig beizubringen ein Gefühl für seinen Körper zu entwickeln.
Noch verwendet ein Großteil der Bevölkerung in China diese Methode. Dieses wird aber durch aggressive Werbung und durch Verwestlichung gefährdet, da ein riesiger Markt für Wegwerfwindeln erschlossen werden kann.