Gendermarketing bei Spielzeug
Text von Celina Leicht
Wenn man jemanden nach den typischen Geschlechterfarben fragt, wird die Antwort eindeutig sein: Pink für Mädchen, Blau für Jungs. Dabei war dies nicht immer so. Tatsächlich war es bis Anfang des 20. Jahrhunderts umgekehrt – Rosa war eine männliche Farbe und Blau wurde dem weiblichen Geschlecht zugeordnet. Grund dafür war die gesellschaftliche Struktur im Mittelalter. Während den Thronfolgern der Könige, die in der Regel männlich waren, rote und rosa Mäntel angezogen wurden, bekamen die Mädchen blaue Kleider da die Jungfrau Maria auf Gemälden fast ausschließlich blaue Gewänder trägt. Erst als dann Anfang 1900 Matrosen und Industriearbeiter anfingen Blau zu tragen, änderten sich die geschlechtstypischen Farben und Jungs fingen an Blau zu tragen, während Mädchen mehr und mehr mit Rosa assoziiert wurden.
Die Spielzeugindustrie erkannte früh, dass man sich diese Tatsache zu nutzen machen könne indem man vorwiegend geschlechtsspezifisches Spielzeug auf den Markt bringt. Denn welcher Junge möchte schon mit den rosa Sachen von seiner Schwester spielen? Als Äquivalent zum rosa Puppenhaus sollten Mama und Papa dann die blaue Polizeistation zum Geburtstag schenken. Inzwischen ist der Trend sogar bei Büchern angelangt: Die seit 1968 existierenden und allseits beliebten „ Die Drei ???“ haben 2006 durch die Mädchen – Detektivbande „Die Drei !!!“ Konkurrenz bekommen.
Es fängt schon bei der Verpackung an, beste Beispiele dafür sind Playmobil und Lego: rosa Prinzessinnenschloss versus blaue Polizeistation, rosa Modewelt versus blaues Piratenschiff. Bei Barbie kommt sogar alles in Rosa, bei Hotwheels sind die Verpackungen ausschließlich blau.
Es scheint als würden die Spielzeughersteller schon vorgeben, dass Jungs mit den Figuren aus den technischen Berufen wie beispielsweise Feuerwehr, oder den Ritter – und Piratensets spielen, während Mädchen ihrer Kreativität beim Märchenschloss oder dem Reiterhof freien Lauf lassen können. Ob Jungs sich ein Prinzessinnenschloss wünschen würden, wenn es in einer blauen Verpackung wäre, oder Mädchen eher mit einem rosa Piratenschiff spielen würden, bleibt fraglich und ist Teil der jahrelangen Diskussion, ob es genetisch oder gesellschaftlich vorgegeben ist, dass Mädchen lieber mit Puppen und Jungs lieber mit Autos spielen.
Auch wenn es eine klare Genderunterteilung bei fast allen Arten von Spielzeug gibt mildert der Aspekt, dass ein Großteil der Spielzeuge auf Rollenspiele abzielt den negativen Beigeschmack. Auch wenn Kindern bewusst ist welche Farbe zu ihrem Geschlecht „gehört“ hindert es sie nicht daran, mit dem Spielzeug des anderen Geschlechts zu spielen. So geben Playmobil, Lego und Co ihren kleinen Kunden die Möglichkeit, Feen als Polizeikommissare oder Feuerwehrmänner als Pferdepfleger einzusetzen. Zwar kann man auf der Website von beispielsweise Playmobil anwählen, ob man ein Produkt für ein Mädchen oder einen Jungen kaufen möchte, aber inzwischen werden dort auch geschlechtsneutrale Themenwelten wie „Country“, „History“ oder „Wild Life“ angeboten.
Geschlechtsneutrales Spielzeug hat aber neben dem sozialen Aspekt einen weiteren Vorteil: bei Kindern unterschiedlichen Geschlechts muss nicht ständig nachgekauft werden. Die Prognose für 2016: es wird kräftig weitergekauft, und auch für die Kinder darf es inzwischen nur noch das neuste, beste Spielzeug sein. Vorteilhaft wenn man dann zwei Kinder des gleichen Geschlechts hat. Hat man nun eine Tochter und einen Sohn ist man praktisch gezwungen doppelt einzukaufen. Somit häufen sich Berge von (vorwiegend) Plastikspielzeug in den Kinderzimmern, die spätestens in der Pubertät nicht mehr benutzt werden. Bestenfalls kann man das Spielzeug noch an jüngere Neffen und Nichten abgeben oder verkaufen, sonst landet der Plastikhaufen im Müll.
Die Spielzeughersteller scheint ihr Umsatz jedoch wichtiger als die materielle Nachhaltigkeit. Ständig werden neue geschlechtsspezifische Themenwelten auf den Markt gebracht und Marktlücken gesucht, wo man mit demselben Produkt doppelt so viel Umsatz macht, wenn man die eine Hälfte der Kartons blau und die andere Hälfte Rosa bedruckt.
Gendermarketing ist eine Goldgrube für die Industrie, sei es die Verpackung von Spielzeug oder die Chips im Supermarkt für den Männer – bzw. Mädelsabend. Der Kreativität der Vermarktung sind keine Grenzen gesetzt und ständig kommen neue Produkte auf den Markt. Wir sind noch lange nicht am Ende der Blau – Pink Einteilung - und sollte mal ein Ende in Sicht sein, fallen den Herstellern sicher wieder neue Vermarktungsmethoden ein, um uns kräftig zum Doppelkauf anzuregen.